Letztes Wochenende stand sie da, unser nicht mehr ganz so taufrisches, 11 Jahre junges Pudelmädel. Neben ihrem Herrchen stand sie, der wie jedes Wochenende seine mehrstündige Wanderung in die Hamburger Innenstadt machen wollte.
Sie lächelt mich verschmitzt an und will mich partout überzeugen, dass sie ihre Privilegien behält, nachdem vor kurzem der neue Jungspund bei uns eingezogen ist.
Ihre Privilegien sind neben vielen anderen, dass sie eben diese Wanderung ohne Halsung quer durch Hamburg mitmacht, einkehrt, wo sie mag und ansonsten auch mal alle Fünfe gerade sein lässt. Sie arbeite schließlich jeden Tag in der Hundeschule mit und die Gänge mit Herrchen seien ihr Highlight. Also, ja, Letzteres hat Herrchen „übersetzt“, den sie immer wieder abwechselnd mit mir ansah. Hätte er nicht müssen, es war offensichtlich was sie wollte. Sie lieben das sehr. Sie können das. Das ist ihr „Ding“.
Ich zweifle das erste Mal in den letzten 11 Jahren. Ich sehe sie an. Ihr mich überzeugen wollendes Gesicht, ihre erwartungsvolle Haltung. Den kleinen Jungen, na ja nicht ganz, den großen, erwachsenen Mann neben ihr. Ebenso Erwartung heischend.
Was, wenn sie sich überschätzt? Was wenn ER sie überschätzt? Was, wenn sie vermehrt Durst hat? Sind ihre Nieren wirklich noch so funktionsfähig? Was, wenn sie nicht mehr wirklich gut hört? Ihre Reaktionen schlechter sind? Sie ein Signal überhört? Sie ein Auto übersieht?
Diese Tour würde ich so mit den allerwenigsten Hunden für gut heißen. Wenn das ein Hund kann, dann sie – eigentlich. Denn: kann sie es noch immer? Habe ich nicht letztens einen Schatten in ihren Augen gesehen? Hatte sie nicht gerade weniger gespielt? Ich gehe in mich.
Sie war bei der jährlichen Vorsorge. Bislang gibt es keine nennenswerten Veränderungen in ihrem Verhalten.
Unter sehr guter Beobachtung machte sie noch vor ein paar Wochen Wanderungen in Tirol mit. Und zwar ausdauernd, lustig und beschwingt.
Kein Grund zur Sorge, mahne ich mich. Dennoch. Irgendwo zwischen 14 bereisten Ländern, über 10.000 unterrichteten Kindern, zahllosen unterrichteten Hunden, 5 Welpen und nun ihrer neuen Aufgabe, ihre Enkelin einzuarbeiten, sind 11 Jahre vergangen. 11 Jahre, in denen sie ihre kommunikativen Fähigkeiten derart verfeinert hat und ihre Beziehung zu mir so eng wurde, dass selbst Menschen ohne Hunde staunen und anerkennend nicken. 11 Jahre, in denen ihre Sinne aber auch nachgelassen haben. Nicht nennenswert, sie sieht, sie hört, sie riecht, sie reagiert. Mein Pudel ist fit wie es ein 11 Jahre alter Hund nur sein kann.
Ich lasse sie also ziehen. Nicht ohne dem Duo Herrchen/Pudel Anweisungen mitzugeben. Es muss diesmal mindestens ein Kurzführer dran. Er soll noch besser aufpassen. Nicht, dass sie doch einmal etwas überhört oder übersieht. Alle 2-3 km wird ihr etwas zu trinken angeboten. (Meist kehrt sie selbstständig in ein Lokal ein und „bestellt“ - ja, sie ist schon ein sehr spezieller Pudel!) Und vor allem: sie steht unter Dauerbeobachtung! Jedes Detail, dass auch nur unüblich scheint, wird mir umgehend („Dein Handy ist voll aufgeladen, ja?!“) berichtet! Nachdem die Regierung (ich) gesprochen hat, ziehen die beiden Verdächtigen augenrollend aber fröhlich hopsend von Dannen.
Um mich abzulenken, fange ich an, den Jungspund zu trainieren.
Bis dann später des Tages der übliche Anruf kommt zum Abholen. Wir treffen uns in einem Lokal in der Innenstadt. Die Begrüßung ist stürmisch, energiegeladen und sehr glücklich. Es wird sich mit der Enkelin noch kurz bespielt, es wird getrunken, und dann legt sich die Lockenwölfin mit einem sehr zufriedenen Seufzer auf den Boden und döst.
Der Bericht von Herrchen ist ausführlich und höchst erfreulich. Alles wie immer. Er ist ein sehr guter Beobachter. Sie sehe immer noch gut, höre einwandfrei. Zwischendurch habe sie ihn mehrfach zum ritualisierten Spiel aufgefordert. (Hunde machen das nur in entspanntem Umfeld und bei genügend überschüssiger Energie.) Kurzum, es gehe ihr blendend. Er könne keine maßgeblich nachlassende Kondition in jeglicher Hinsicht feststellen.
Beruhigt und zufrieden kann ich nun nachträglich Pudel und Herrchen ihren Spaß gönnen.
Das Beobachten ist eine, allerdings sehr wichtige Sache, die man in jedem Alter nicht vernachlässigen sollte, die aber beim älter werdenden Hund umso wichtiger ist.
Schon kleinste Anzeichen im Nachlassen der Sinnesorgane können verheerende Folgen haben. Der Hund überhört ein Signal, interpretiert es falsch und eine Situation gerät aus dem Ruder. Die Straße wird überquert, anstatt gewartet.
Es wird zum anderen Hund gegangen, obwohl das gerade wegen Krankheit des anderen, angeleint sein oder ... oder keine so gute Idee war.
Es wird eine Person nicht erkannt und angebellt, oder anstatt ignoriert eben angesprungen.
Auch schleichend beginnende Demenz ist eine mittlerweile immer besser erforschte und wirklich gut therapierbare Krankheit bei Hunden. Die man erkennen muss. Wir, die wir unseren Hunden am nächsten sind, sind da oft betriebsblind. Ich rate immer wieder gerne zur Beobachtung von Menschen, die unsere Hunde nicht täglich sehen, oder eine andere Bindung zu ihnen haben, aber eben wirklich gute Beobachter sind.
Was ein absolutes Muss für Hunde ab einem gewissen Alter sein sollte, ist der jährliche Senioren-Vorsorge-Termin beim Tierarzt unseres Vertrauens. Und/oder bei einem empfohlenen Kollegen, der in dem Fall besser mit entsprechenden Geräten ausgestattet ist.
Ab welchem Alter sollte man das machen? Kleinere Hunde sollten ab etwa 8 Jahren vorgestellt werden, größere ab etwa 7 Jahren. Arbeitende und im Sport aktive Hunde eher früher.
Wie auch bei uns Menschen erhöhen sich Risiken bestimmter Erkrankungen im fortschreitenden Alter. Die gesetzlichen Krankenkassen für Menschen bezahlen zu Recht Vorsorge-Untersuchungen ab gewissen Alterssparten, weil sich gezeigt hat, dass nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Lebenserwartung erheblich verbessert wird, wenn Krankheiten frühzeitig erkannt werden und in frühen Stadien behandelt werden. Noch bevor Symptome bemerkbar sind.
Wir gehen einmal im Jahr zum Fachtierarzt für Kleintiere für ein großes Blutbild, inklusive dem für uns Pudelhalter so wichtigen großen (!) Screening der Schilddrüse. Dank der teuren Labordiagnostik kein günstiges Unterfangen.
Etwa 3-4 Wochen nach einer Läufigkeit bei unserer intakten Hündin werden der gesamte Bauchraum mit allen Organen ausführlich und bei einem Tierarzt mit erstklassigem Gerät geschallt. Bei Rüden sollten zusätzlich die Hoden untersucht werden.
Besonderes Augenmerk wird beim Ultraschall auf Leber und Milz gelegt.
Eine häufige Todesursache teils noch recht junger Hunde um das 9. Lebensjahr herum sind so genannte Milz- oder Lebertumore. So genannt, weil es eigentlich keine Tumore der Organe sind, sonder sich in deren Nähe oder an ihnen bilden. Häufig wird er Hund nur etwas inaktiver, man schiebt es auf das fortschreitende Alter.
Diese Tumore verursachen zunächst oft keine nennenswerte Beschwerden. Sie wachsen jedoch recht schnell und rupturieren (platzen) dann irgendwann. Meist kommt jede Hilfe zu spät und ein Tod mit großen Schmerzen ist die Folge.
Auch wenn derart Tumore schon in wenigen Monaten zu tödlicher Größe heranwachsen können, ist ein Ultraschall mit einem sehr guten Gerät eine Möglichkeit die Risiken einzuschränken.
Beeinträchtigungen des Skeletts, der Zahngesundheit, der Geschlechtsorgane, Dysfunktionen der Schilddrüse (die unbedingt in Hände von einem Spezialisten gehören und nicht von einem Allgemein-Vet behandelt werden sollte), usw. sollten mindestens einmal jährlich abgeklärt werden.
Allgemeine Untersuchung inkl. Augen, Zähne, Palpation des Hundes und Herzdiagnostik folgen. Sollte etwas auffallen, wird ein Spezialist konsultiert.
Ich würde eine Herzunregelmäßigkeit bei mir selber auch nicht vom Hausarzt behandeln lassen. Und der wäre sicher dankbar, dass ein kompetenter Kardiologe sich der Problematik annimmt.
Parasitologisch werden unsere Hunde mit Hintergrund der Arbeit engmaschig (monatlich) untersucht. Ein darüber hinaus gehendes großes Kotscreening erfasst weitergehend bakteriologische Befunde, entdeckt Pilze, zeigt den PH-Wert usw.
Es sollte mindestens alle halbe Jahre erfolgen. So eben auch beim jährlichen Check-Up.
Die Kosten für ein großes Kotscreening belaufen sich auf etwa 90 €. Ein Senioren Check-Up beim Tierarzt zwischen 100 und 250 €. Je nachdem, ob man zum Ultraschall noch woanders hin sollte, oder es in der angestammten Praxis macht. Der Ultraschall alleine beläuft sich im teuren Hamburger Raum auf etwa 150 €. Das Blutbild je nach Labor und Umfang zwischen 90 und 280 € (der Schilddrüsen Screen alleine kostet ab 150 €).
Man kann diese Untersuchungen auch gestaffelt, Monat für Monat machen lassen. Regelmäßig sollten sie allerdings gemacht werden, das ist vor allem bei den Senioren wichtig.
Eine in jungen Pudeljahren abgeschlossene Tier-Krankenversicherung zahlt mitunter (anteilig) die Kosten.
Wir haben bisher keine weiteren Behandlungen in Anspruch nehmen müssen. Unsere Pudel-Dame ist *klopfeaufholz* völlig ohne Befund.
Ja, es ist viel Geld. Ja, es sind viele Mühen. Meine Pudel sind nicht nur Mitglieder unserer Familie, sondern meine Mitarbeiter, denen ich unbedingt die Grundlage für ein gesundes und möglichst langes Hundeleben bieten möchte.
Für uns zählt das zur selbstverständlichen Basis der Hundehaltung.
Und wenn mich meine Pudel-Dame das nächste Mal verschmitzt um ein Abenteuer bittet, weiß ich, dass ich sie ohne Zweifel ziehen lassen kann.
Ich hoffe, noch die nächsten dreiundzwölfzig Jahre … ;-)